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KIRIAKOS TOMPOLIDIS Μην ξεχνάς να ζεις Don’t Forget to Live – Kuratiert von Federico Brauer


Kuratiert von Federico Brauer

Image: Kiriakos Tompolidis, Xapá ( Joy), 2023, 170 x 120 cm, oil and acrylic on canvas, Courtesy the artist.

9. September 2023 bis 28. Oktober 2023

Besichtigungen und Führungen sind jeden Samstag zwischen 12:00 und 18:00 Uhr möglich.

Sonderöffnungszeiten währen der BERLIN ART WEEK
13.-17.9.2023, 12:00-18:00 Uhr

Das hektische Tempo des heutigen Lebens beansprucht nicht nur materielle Ressourcen, sondern auch Zeit und Aufmerksamkeit, so dass es für den Einzelnen schwierig sein kann, tiefe Beziehungen zu seinen Mitmenschen aufzubauen. Einige wesentliche Faktoren des menschlichen Lebens, wie Familie, Freundschaft und andere soziale Beziehungen, werden daher auf eine niedrigere Prioritätsebene als Arbeit und unmittelbare Notwendigkeiten verwiesen. Darüber hinaus entfremdet ein zunehmender Mangel an Selbstbeobachtung den Menschen von einer tieferen Verbindung mit sich selbst, da die kontemplative Reflexion über den eigenen Zustand seltener wird.

In dieser Hinsicht erinnern uns Kiriakos‘ Bilder an die Bedeutung von Intimität, die hier nicht in Bezug auf den anderen, sondern auf sich selbst verstanden wird; daran, eine tiefe Verbindung zu sich selbst herzustellen, die eigenen Tiefen zu kennen und in der Erinnerung, der Abstammung und den Lebenserfahrungen eine Möglichkeit zu erkennen, sich in der Welt wiederzufinden. Hier dient die Introspektion als privilegierter Ort, um über die zeitlichen und generationellen Beziehungen nachzudenken, die man herstellen oder vermeiden möchte. Die Familie, die materiellen und spirituellen Wurzeln und die Suche nach dem Sinn der menschlichen Existenz werden zu Bezugspunkten für die Konstruktion der eigenen Erfahrung und folglich für die Art und Weise, wie sie dargestellt wird. Kiriakos‘ Großeltern kamen in den 1960er Jahren als so genannte „Gastarbeiter“ aus Griechenland nach Deutschland. Die ersten Arbeiten in der Ausstellung stellen einen Bezug zu den 70er Jahren her, indem sie sich auf die einst modischen Tapetenmuster und Fliesen in der Wohnung seiner Großmutter beziehen. Der flache Stil seiner Gemälde erinnert auch an antike griechische Vasen, die menschliche und mythologische Aktivitäten aus der archaischen und klassischen Periode (ca. 600-323 v. Chr.) darstellen. Obwohl es wichtig ist zu betonen, dass solche gemalten Szenen nicht als Fotografien, die die Realität dokumentieren, betrachten werden sollen, können sie dennoch helfen, das Leben und denGlauben der alten Griechen zu rekonstruieren.

Diese ruhigen oder lebhaften Szenen sind jedoch eine Erinnerung an vergangene Anstrengungen und Momente des Selbstzweifels. Seine Großeltern glaubten an die orthodoxe Kirche, die einem System sozialer Beziehungen, Werte und Normen folgt, die überwiegend von Männern festgelegt und geprägt werden, da sie sich in eine privilegierte Position sehen. Dies ist der Grund, warum Kiriakos‘ Werke Symbole der Macht enthalten. In der orthodoxen Tradition ist eine Ikone (vom altgriechischen „εἰκών“ (eikṓn), „Bild, Abbild“) ein religiöses Kunstwerk, meist ein Gemälde. Es handelt sich nicht um realistische Porträts von Heiligen, sondern um deren Abstraktionen. Kiriakos erzählt von seiner eigenen Erfahrung, als ihm gesagt wurde, er solle frei und glücklich sein, was bedeutet, dass jemand eine wichtige Rolle bei der Gestaltung seiner Lebenseinstellung gespielt hat. Dennoch hat dieselbe Person auch Entbehrungen erlebt und sich Herausforderungen gestellt. Sie weiß von der Bedeutung der persönlichen Entwicklung, um die nächste

Generation der Familie zu unterrichten. Diese Dualität spiegelt ein tiefes Verständnis für die Komplexität des Lebens wider. Die Lebenskunst in Kiriakos Gemälden ist seine eigene Reise der Selbstfindung durch die Erinnerungen und Geschichten seiner Familie und die Wiederherstellung der Verbindung mit dem Land seiner Vorfahren, Griechenland. In diesem Prozess beschäftigt sich Kiriakos mit seinem heutigen Leben und gestaltet seine Zukunft.

Kiriakos Tompolidis, 1997 in Essen geboren, beschäftigt sich in seiner Arbeit mit seinen griechischen Wurzeln. Im Mittelpunkt stehen menschliche Figuren, die uns aus seinen großformatigen Gemälden mal selbstbewusst, mal zweifelnd entgegenblicken. Sie sind in Räumen abgebildet, die ihren emotionalen Zustand zu versinnbildlichen scheinen. Er verwendet aufwendige Druck- und Collagetechniken in Kombination mit Malerei. Kiriakos Tompolidis lebt heute in Berlin, wo er seit 2018 an der Universität der Künste studiert.

Federico Brauer, September 2023