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KIRSI MIKKOLA: EMBRACED AND SET FREE WILDLY AND TENDERLY


19. 02.  –  05. 04. 2019
Temporary Showroom und Atelierwohnung, Marburger Straße 3
in Kooperation mit Robert Grunenberg Berlin

Eröffnung: 16. 02. 2019, 18 – 21 Uhr

Mit Kirsi Mikkolas Oeuvre konfrontiert, ist man sofort mitten drin und hin- und hergerissen. Es gibt keinen Anfang und kein Ende.

Die Arbeiten der finnischen Künstlerin lassen sich schwer kategorisieren, ihre spröde Natur entzieht sich selbst einem konventionellen Bildformat. Die großen Werke wachsen teils bis über die Atelierdecke hinaus, haben Ecken und Kanten, hier und dort ragen widerspenstige Elemente heraus. Begriffen wie ‚Malerei’ oder ‚Collage’ verwehren sich die Künstlerin und letztlich die Bilder selbst, sobald man sich näher auf sie eingelassen hat. Alles ist möglich: die malerische Geste, die in zersplitterter Form wieder und wieder auflebt. Die Collage, die sich auf diese Technik nicht reduzieren lässt – zu akribisch und viel zu vielschichtig wird sie angewandt. Der konstruktive Moment, der sich in seiner Präzision jäh auflöst, um in sich ein Chaos aus Formen und Farben zu stürzen. Pinselstriche werden zu Flächen, geschnittene Formen zu Pinselstrichen. Eine Welt der Sinnlichkeit und ernsthaften Auseinandersetzung entfaltet sich und zerfällt urplötzlich, manchmal durch eine humorvolle Geste in Form einer unmittelbar aufgepinnten Adaption.

Folgt man einem Pfad in die radikalen Bildwelten hinein, findet man sich auf einem wilden Ritt; das Werk als Kreatur bockt und schüttelt sich, reißt haltlos mit in ungeahnte Tiefen, die hinter Schichten, Formen und Linien liegen. Man kommt schließlich auf einer leeren Lichtung zum Stehen. Die Malerei bricht auseinander, fügt sich neu zusammen, enthüllt Farbenspiele, deren Intensität und Leuchtkraft verblüffen. Im nächsten Moment versinkt man dann noch in einem trüben Lilagrau oder wird von einem algigen Grünton hypnotisiert. Durchatmen, Freiheit genießen, weiter Ausschau halten. Oft spricht Mikkola von Musikkompositionen, wenn man sie nach ihrer Arbeitsweise fragt und ihrer Bildsprache auf den Grund gehen will. Im Vergleich zu den Arbeiten der vergangenen Jahre empfindet man eine gelassenere Großzügigkeit, eine Auflösung der sonst so dicht gewobenen Werkstruktur – mehr Luft, weniger Unruhe.

Selten kann man Mikkolas Werke im Ausstellungskontext betrachten, denn die Künstlerin fürchtet um deren Lebendigkeit, wenn sie sich durch anonyme Räume bändigen lassen müssen. Die Präsentation in den privaten Räumlichkeiten der Miettinen Collection ist ein Experiment, das versucht, diese wilden Wesen möglichst nicht zu brechen und Kirsi Mikkolas hemmungslose Bildsprache, die sich auf einer anderen Ebene mit musikalischen Kompositionen vergleichen lässt, nicht zu sehr in ein Korsett zu zwingen. Das unbequeme Aufbegehren, das Anliegen, idealistisches Denken nicht zu vergessen, etwas anzuregen, liegt der Künstlerin am Herzen. Sie setzt dies oftmals radikal wie schonungslos – ja bisweilen schmerzhaft für sich und den Betrachter – um. In all der kämpferischen Urkraft schwingt stets ein gewisser Wankelmut, ein zerbrechlicher Leichtsinn mit. Schließlich sind die kraftvollen Arbeiten verhältnismäßig dünn, es stützt sie kein Rahmen, kein Skelett – nur das eigene Selbst, aus dem sie bestehen, Schichten um Schichten von Papier und Farbpigment.

Die Ausstellung vereint zahlreiche großzügige sowie kleine Formate, die allesamt im Jahr 2018 entstanden sind und erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden.

(Text von Margit Emesz)

Kirsi Mikkola, geboren in Helsinki, lebt und arbeitet in Berlin. Sie unterrichtet seit 2015 an der Universität für Bildende Kunst in Wien.